Zusammenfassung
Natur- und Umwelt-Filmfestivals erleben seit den 90er-Jahren einen weltweiten Zuwachs und haben mit dem Green Film Network längst auch ein globales Netzwerk gebildet. Neben der Präsentation und Auszeichnung hochqualitativer Tier-, Natur- und Umweltschutzfilme blitzt in diesen Festivals eine tiefergehende Mission auf, die in der intensiven Vermittlung von Umweltbewusstsein an das Publikum besteht. Diese Vermittlungsarbeit – so lautet die Annahme des vorliegenden Forschungsansatzes – reicht über das Filmprogramm hinaus und räumt dem Rahmenprogramm eine besondere Bedeutung ein. Obwohl die Thematik mit Hinblick auf die ökologische Krise und den öffentlichen Umweltdiskurs ein relevantes gesellschaftstheoretisches Forschungsfeld darstellt, so fand bislang kaum eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Festivals statt. Auch das Rahmenprogramm bei Filmfestivals bildet eine erhebliche Forschungslücke. Die vorliegende qualitative Analyse geht daher der Frage nach, welchen Stellenwert Bewusstseinsbildung bei den Natur- und Umwelt-Filmfestivals speziell durch die parallelen Aktivitäten rund um das Filmprogramm einnimmt. Als zentraler Ansatzpunkt wird die Quellenlage zu den aktivistischen Filmfestivals herangezogen, denn die Umwelt-Filmfestivals lassen sich auf der Website des Film Festival Research Network in der Kategorie „Social Concern Festivals and Activism“ verorten. Auch das Konzept der School of Third Cinema als Geburtsstunde der aktivistischen Filmfestivals und des diskursstiftenden Rahmenprogramms bildet einen Bezugspunkt. Im empirischen Teil der Arbeit werden drei Mitgliedsfestivals des Green Film Network aus dem westlich geprägten Kulturraum in einer vergleichenden Fallstudienanalyse als Best-Practice Beispiele vorgestellt, um diesen spezialisierten Festivaltyp von globaler Reichweite begreifbar zu machen: Das Innsbruck Nature Film Festival, CineEco in Portugal und Cinema Planeta in Mexiko. Zur Datenerhebung kommt eine umfangreiche Leitfadenbefragung der künstlerischen LeiterInnen zum Einsatz. Die Forschungsarbeit spannt darüber hinaus einen theoretischen Bogen zum Öffentlichkeitsbegriff des Sozialphilosophen Jürgen Habermas sowie zu erweiterten Konzepten nachfolgender TheoretikerInnen, die den Fokus auf alternative Gegenöffentlichkeiten verlagert haben.