Abschlussarbeiten

Kulturbetriebe als Kommunikatoren im Web 2.0

Isabelle Spengler | 2009

Zusammenfassung

These: Kulturbetriebe, die im Web 2.0 aktiv und innovativ wirken, eröffnen sich neue Räume und sprechen damit ein breiteres und tendenziell jüngeres Publikum an.

Die Kommunikation hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. War das Internet anfangs noch ein passives Präsentations- und Archivierungsmedium, hat es sich in den letzten Jahren zu einem lebendigen "Mitmach-Web" gemausert. Die Anwendungen des Web 2.0 haben auch die Kommunikation zwischen Unternehmen und Konsumenten verändert. Wer ein breiteres und jüngeres Publikum ansprechen will, muss sich mit den neuen Medien vertraut machen.

Diese Master Thesis untersucht die Auftritte verschiedener Kulturinstitutionen im Web 2.0 und fragt nach dem Nutzen, den die Betriebe für sich aus dem Web 2.0 ziehen. Das Hauptinteresse der Fragestellung liegt dabei auf drei Aspekten. 1. Auf den virtuellen Räumen, die sich die kulturelle Einrichtung im Web 2.0 erschaffen können und welche Inhalte sie darin verbreiten, 2. auf den Rezipienten, die man im Web 2.0 erreicht und auf der Interaktion, die mit ihnen entstehen kann, 3. auf dem Nutzen, den die Kulturinstitution aus dem Web 2.0 für sich herausziehen können oder eben nicht. Ziel der Arbeit ist es, einen Überblick darüber zu geben, welche ersten Erfahrungen die Kulturbetriebe mit den Web 2.0 Anwendungen gemacht haben und wen sie erreichen.

Den Anfang dieser Arbeit macht ein kurzer geschichtlicher Überblick über die Entstehung des Web 2.0 und die Definition des Begriffs. Die Anwendungen des Web 2.0 werden definiert und kurz beschrieben. Um die eingangs gestellten Fragen des Master Thesis beantworten zu können, wird eine These aufgestellt. Diese sagt aus, dass Kulturbetriebe, die im Web 2.0 aktiv und innovativ wirken, sich neue Räume eröffnen und damit ein breiteres und tendenziell jüngeres Publikum ansprechen.

Um diese These belegen oder widerlegen zu können, wird einsteigend mittels einer Online-Umfrage untersucht, welche Kulturbetriebe sich im Web 2.0 bewegen, welche Anwendungen eingesetzt werden und wen die Betriebe im Web 2.0 zu erreichen glauben. 165 Kulturinstitutionen aus allen Sparten und der gesamten Schweiz wurden angeschrieben. 33% davon haben die Umfrage bis zum Schluss beantwortet. Die Auswertungen der Online-Umfrage zeigen auf, dass sich die Schweizer Kulturbetriebe durchaus aktiv im Web 2.0 bewegen. Sie sind mit den wichtigsten Anwendungen vertraut und nutzen einige davon. Online-Veranstaltungskalender und ein Auftritt in einem sozialen Netzwerk werden von den Kulturbetrieben am häufigsten genutzt und sind ihrer Meinung nach auch am sinnvollsten. 53% der befragten Betriebe glauben, im Web 2.0 ein tendenziell jüngeres Publikum zu erreichen. Allerdings können nur 41% der Kulturhäuser ihre Erfolge im Web 2.0 messen. Das lässt darauf schliessen, dass es schwer zu eruieren ist, wen man wirklich erreicht. Mit diesem neu gewonnen Wissen der Online-Umfrage, werden vier Kulturbetriebe ermittelt, die exemplarisch mit dem Web 2.0 umgehen und sich für qualitative Interviews zur Verfügung stellen.

Die vier Case Studies wurden an dem kleinen Literaturhaus Basel, dem Tanzfestival Steps, dem Stapferhaus Lenzburg und dem Schauspielhaus Zürich durchgeführt. Eine Zusammenfassung der vier Gespräche, unter den Gesichtspunkten der eingangs erwähnten Ziele, gibt Aufschluss über die ersten Erfahrungen, welche die Betriebe mit den Web 2.0 Anwendungen gemacht haben.

Die Untersuchung ergab, dass sich keiner der vier Betriebe im Vorfeld vertieft Gedanken machte, wen die wirklich im Web 2.0 erreichen. Auch haben sich die Kulturhäuser nur begrenzt Ziele auferlegt, die mittels der Anwendungen erreicht werden sollten. Als Gründe, warum die Betriebe im Web 2.0 präsent sein wollen, nannten sie an erster Stelle das Image und den Wunsch, dem Publikum Mehrwerte bieten zu können. Er erweist sich aber als schwierig zu ermitteln, wen man wirklich im Web 2.0 erreicht. Alle vier Kulturbetriebe haben das Gefühl, ins Leere zu schreiben. Dies hauptsächlich, weil sich das Publikum sehr passiv verhält. Es entstünde sehr selten eine Interaktion zwischen dem Kulturhaus und dem Publikum. Die Betriebe wünschen sich geschlossen mehr Diskussionen, Anregungen, Kommentare und auch mehr Kritik. Unter diesen Umständen sei es auch problematisch zu erkennen, welche Inhalte für die Rezipienten von Interesse seien.

Das Fazit aus der Online-Umfrage und den vier Case Studies, das im Bezug auf die anfangs aufgestellt These gezogen wird, zeigt auf, dass die These nur zum Teil bestätigt werden kann. Die Kulturbetriebe eröffnen sich zwar neue Räume mit dem Gang ins Web 2.0 und füllen diese mit zusätzlichen Inhalten, doch ob sie damit wirklich ein breiteres und tendenziell jüngeres Publikum erreichen, ist fraglich. Solange man nicht genau eruieren kann, wer hinter einen Tweet steht, wer welche Inhalte auf Facebook konsumiert und wie intensiv ein Blog gelesen wird, kann diese These auch nicht untermauert werden. Abschliessen werden Empfehlungen für den Umgang mit dem Web 2.0 abgegeben. Die Kulturbetriebe sollten sich im Vorfeld Gedanken darüber machen, welche Anwendungen zu ihnen passen, welche Inhalte sie verbreiten wollen und welche Personen den Inhalt generieren. Dabei sollte das Publikum nie ausser Acht gelassen werden, denn die Besucher sind es, die für Anregungen, Kommentare, Kritik und somit für Leben auf der Plattform sorgen.