Abstrakt
Der Beitrag (zum „Wagner-Jahr“) versucht, das künstlerische wie organisatorische Schaffen von Richard Wagner als exemplarische Lebensleistung eines Kulturmanagers ante litteram zu verstehen. Dazu dienen Hinweise auf Wagners Ziel einer beschwörenden Publikumsvereinnahmung, die von der Idee einer radikalen, sich mit dem „Leben“ verschmelzenden Kunst getragen ist und deshalb über die reine Kunst hinausgreift in eine (im weiten Sinn) zu „managende“ Umwelt, die konstitutiert wird durch Rezeptionsbedingungen, den Aufführungskontext, die Inszenierung, den Musik-Betrieb, usw. Wagners Bayreuth-Projekt wird unter der Perspektive der Suche nach einem künstlerischen Alleinstellungsmerkmal, nach innovativer Aufführungspraxis und nach einem „Markenkern“ interpretiert; vor diesem Hintergrund wird auch das Wagner-kritisch gemeinte Verdikt seines angeblichen „Dilettantismus“ aufgegriffen, das positiv gewendet und als eine aktuelle kulturmanageriale Einstellung gedeutet wird, die den Mut zum megalomanischen Risiko, den organisatorischen Erfindungsreichtum („crowd funding“) und den mangelnden Respekt vor der Tradition miteinander zu einer exaltiert-subjektiven (und i. d. S.: nicht-professionellen) Hingabe an das Werk verbindet.