Case Study

2017

Evaluation als moderatorische und mediatorische Intervention am Beispiel eines Tanzfestivals

LETICIA LABARONNE / ANDREA F. G. RASCHÈR

Zeitschrift für Kulturmanagement 2017 (2), 135-149.
doi http://dx.doi.org/10.14361/zkmm-2017-0206
Abstrakt

Am Beispiel der Evaluation eines Tanzfestivals wird gezeigt, dass unter bestimmten methodologischen Voraussetzungen Evaluationen auch eine moderatorische bzw. mediatorische Funktion haben können – und dies häufig bereits im Verlauf der Evaluation. Dies hat besondere Relevanz, wenn verschiedene Auftraggeber und komplexe Stakeholderarrangements sowie latente Interessenkonflikte vorliegen, was im Feld der öffentlich geförderten Kultur nicht selten der Fall ist. Solche mediative Begleitarbeit während des Evaluationsprozesses kann dazu beitragen, die Umsetzbarkeit der abgegebenen Handlungsempfehlungen erheblich zu steigern: Evaluationen werden dadurch vermehrt als Medium der organisationalen Selbsterkenntnis und Chance für Entwicklung, denn als repressive Kontrolle erlebt. Der Fokus liegt im vorliegenden Fall daher auf dem qualitativen Forschungsdesign der Interviews, die mit allen relevanten Stakeholdern der komplexen institutionellen und politischen Trägerschaftsstruktur des Tanzfestivals geführt wurden.

Angelehnt am Verständnis der vierten Generation von Evaluationen, die das Involvement der Beteiligten und die dialogischen Aspekte betont, wurden die Interviews nach der Grounded-Theorie-Methodologie durchgeführt. Dieses Vorgehen setzte einen dialogischen Prozess in Gang, in dessen Folge die Reflexion der eigenen Positionen und ein vermehrtes Verständnis für die Argumentation von anderen zu einer gegenseitigen Annäherung und zur Auflösung von Interessenkonflikten führten. Die mittels einer offenen Kodierung ausgewerteten Interviews erlaubten die Konstruktion von fünf Spannungsfeldern, die als Grundlage zur Ableitung von Handlungsempfehlungen dienten.

Für die Theorie und Praxis der (Kultur-)Evaluation zeigt sich, dass die gewählte Verknüpfung der Stakeholder-Analyse mit dem Grounded-Theory-Ansatz für den Interviewteil einen Mediationsprozess ermöglichte, dessen Ergebnisse für die Relevanz einer Evaluation von großer Bedeutung sind. Damit wird auch evident, dass zusätzlich zu den vier traditionellen Grundfunktionen von Evaluationen (Erkenntnis, Kontrolle, Entwicklung, Legitimation) Moderation bzw. Mediation eine weitere funktionale Option darstellen, die bewusst und gezielt eingesetzt, die Akzeptanz und Umsetzungswahrscheinlichkeit von Evaluationsergebnissen deutlich erhöhen kann.

Abstract

Based on the example of the evaluation of a dance festival, we demonstrate that under certain methodological preconditions, evaluations can also have a mediatory function – often already during the evaluation stage itself. This is particularly the case when there are different clients and complex stakeholder arrangements as well as latent conflicts of interest, which is often the case in publicly funded cultural initiatives. Mediatory work during the evaluation stage can contribute to considerably increasing the extent to which the recommendations are taken on board and put into practice. In this case, the focus was on the qualitative research design of the interviews, which were carried out with all relevant stakeholders in the complex structure of institutional and political bodies sponsoring the dance festival. Drawing on the idea of the fourth generation of evaluations, which emphasizes the involvement of participants and dialogical aspects, the interviews were carried out using the Grounded Theory methodology. This approach started off a dialogue, as a result of which the reflections of the individual positions and an increased appreciation of the others’ arguments led to the different sides moving closer together. The interviews, evaluated according to an open coding system, enabled the development of five priorities, which served as the basis for recommended courses of action. For the theory and practice of (cultural) evaluation, it can be seen that linking the stakeholder analysis with the Grounded Theory approach in the interview part enabled a mediation process, the results of which are very significant for the relevance of an evaluation. It thus becomes evident that in addition to the four traditional basic functions of evaluation (recognition, control, development, legitimization), mediation represents a further functional option which can be used in a deliberate and targeted way, and which noticeably increases the acceptance of the evaluation results and the likelihood of their implementation.