Dieses Papier ist dreigeteilt. Im ersten Teil werden die Vorstandsmitglieder des Fachverbandes und die bisherigen Vorstandsaktivitäten dieses Jahres vorgestellt. Im zweiten Teil geht es um den Beginn einer Diskussion zu inhaltlichen Belangen und im dritten Teil werden kurz erste Überlegungen zur Umsetzung skizziert. Über ein Feedback würden wir uns freuen!
Teil 1: Vorstandsaktivitäten
1. Vorstellung der Vorstandsmitglieder
Im Januar 2016 wurde der neue Vorstand des Fachverbandes gewählt und dieses neunköpfige Gremium hat sich seitdem in mehreren Sitzungen in Winterthur (im Januar), Mainz (im April), Mannheim (im Juni) und Berlin (im Juli) mit inhaltlichen Fragen und organisatorischen Schwerpunktlegungen auseinandergesetzt, die regelmäßig auch in den nächsten Monaten (so zum Beispiel im Oktober in München) fortgesetzt werden. Lassen Sie uns zunächst alle Vorstandsmitglieder und ihre Arbeitsschwerpunkte noch einmal alphabethisch vorstellen.
- MMag. Thomas Heskia ist Schatzmeister des Verbandes und für den „Dialog mit der Praxis“ sowie für die „Mitgliederdokumentation und –archivierung“ zuständig. Herr Heskia ist Leiter der AUDIENCING Consulting in Wien und Berlin sowie Geschäftsführer an der Kunsthochschule Mainz.
- Prof. Dr. Volker Kirchberg vertritt als Vorstandsvorsitzender die „Öffentlichkeitsarbeit“, „Kontakte zu weiteren Fachtagungen und Verbänden“, den „Aufbau und Stärkung von Forschungskooperationen“ und die „Internationalisierung“. Er ist Direktor des Instituts für Soziologie und Kulturorganisation an der Fakultät Kulturwissenschaften der Leuphana Universität Lüneburg.
- Leticia Labaronne, MSc unterstützt die Schriftführung und kümmert sich um die Förderung der Lehre, die Nachwuchsförderung und die Abstimmung zwischen Fachverband und Jahrestagung. Als Nachwuchswissenschaftlerin ist sie externe Doktorandin an der Zeppelin University und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Kulturmanagement der ZHAW in Winterthur. Sie ist die Repräsentantin der Schweiz.
- Prof. Dr. Martin Lücke ist im Vorstand für die Aufgabenbereiche „Förderung der Lehre“ und „Dialog mit der Praxis“ zuständig. Dr. Lücke lehrt Musikmanagement und Kulturmanagement am Campus Berlin der Hochschule Macromedia und leitet die hochschulweiten Competence Center Musikmanagement und Kulturmanagement.
- Anke Schad, MA ist Schriftführerin des Vorstandes und zudem für die Aufgabenbereiche „Nachwuchsförderung“ und „Doktorandenkolloquium“ zuständig. Als Nachwuchswissenschaftlerin promoviert sie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien im Fachbereich Kulturbetriebslehre (PhD).
- Prof. Dr. Verena Teissl ist stellvertretende Vorsitzende des Verbandes mit den Aufgabenschwerpunkten „Öffentlichkeitsarbeit“, „Redaktion der Webseite“ und „Dialog mit der Praxis“. Zugleich ist sie Professorin für Cultural Studies & Cultural Management an der Fachhochschule Kufstein Tirol und Repräsentantin Österreichs im Vorstand.
- Prof. Dr. Karen van den Berg hat die Aufgabenbereiche „Corporate Identity, insb. für die Webseite“, Vernetzung mit dem Kunstfeld sowie „Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift“ (insb. Rezensionen und Zeitschriftenberichte) übernommen. Sie hat den Lehrstuhl für Kunsttheorie und inszenatorische Praxis an der Zeppelin Universität Friedrichhafen inne.
- Jun. Prof. Dr. Nina Tessa Zahners Aufgabenbereiche im Vorstand sind „Aufbau und Stärkung von Forschungskooperationen“, „Internationalisierung“, „Förderung des Nachwuchs“ und „Doktorandenkolloquium“ sowie die „Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift“, insb. Rezensionen und. Zeitschriftenberichte. Sie ist Juniorprofessorin für Kulturmanagement und Soziologie des kulturellen Feldes am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig.
- Prof. Dr. Martin Zierolds Aufgabenbereiche im Vorstand sind „Aufbau und Stärkung von Forschungskooperationen“, „Internationalisierung“ und „Förderung der Lehre“. Er ist Professor für Organisationstheorie und Change Management am Institut für Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und Professor für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft an der Karlshochschule International University.
2. Bisherige Vorstandsaktivitäten
Der neue Vorstand hat sich seit seiner Konstituierung im Januar im ungefähr zweimonatigen Rhythmus in Winterthur, Mannheim, Mainz, Berlin und München getroffen, um die Arbeitsgebiete „inhaltliche Ausrichtung“, „Finanzen und Finanzierung“, „Kooperationen und Internationalisierung“, „Öffentlichkeitsarbeit und Internet-Auftritt“, „Zusammenarbeit mit der Zeitschrift für Kulturmanagement“, „Abstimmung mit der Jahrestagung“, „Nachwuchsförderung und Doktorandenkolloquien“, „Förderung der Lehre“ und „Dialog mit der Praxis“ zu erörtern. Zur inhaltlichen Ausrichtung wird im zweiten Teil dieses Artikels umfangreich Stellung genommen. Der Schatzmeister berichtet regelmäßig über die Finanzen und Transaktionen des Verbandes und ist zudem für die Mitgliederdatei zuständig. Die vom vorhergehenden Vorstand umfassend gestaltete Website des Fachverbandes bietet den Mitgliedern u.a. nun die Möglichkeit, Ihre Tagungen, Publikationen und Forschungsprojekte anzukündigen bzw. mitzuteilen. Die Formulare und Informationen dazu finden Sie unter dem Reiter „Über den Fachverband/Mitgliederservice“. Unter „Tagungen und Veranstaltungen“ posten wir auch Konferenzen und Call for Papers, die wir für Mitglieder des Fachverbandes als interessant einschätzen. Besonders hinweisen möchten wir auf die Rubrik „Forschung/studentische Forschung“: Dort können herausragende studentische Arbeiten publiziert werden, was zugleich Teil unserer Nachwuchsförderung darstellt; die entsprechenden Formulare finden Sie auch unter „Mitgliederservice“.
Wir sehen es natürlich auch als unsere Aufgabe an, regelmäßig auf die Zeitschrift für Kulturmanagement aufmerksam zu machen und die Mitglieder sowie auch außenstehende Interessierte auf die Möglichkeit der Artikeleinreichung hinzuweisen. Wir verweisen zudem auf die intensiven Beziehungen vom Fachverband und seinem Vorstand zu den Editors-in-Chief der Fachzeitschrift; diese Beziehungen gelten auch zu den Ausrichtern der Jahrestagung.
Für die Nachwuchsförderung wird der Ausbau des im Rahmen der Jahrestagung stattfindenden Doktorandenkolloquiums angestrebt (u.a. über den Aufbau einer Summer-School). Fortgeschrittene Studierende, zum Beispiel Masterstudierende, als Mitglieder zu gewinnen und deren Projekte bzw. Abschlussarbeiten stärker in das Verbandsgeschehen einzubinden ist ein weiteres Anliegen. Darüber hinaus wird in Verbindung mit dem Bereich „Forschungs¬kooperationen“ die Karriereentwicklung von NachwuchswissenschaftlerInnen im Kulturmanagement aktiv unterstützt. Im Rahmen der „Förderung der Lehre“ wird der Austausch mit Hochschulen zur Dokumentation und Weiterentwicklung von Curricula, zur Akkreditierung bzw. Evaluation und zur Integration von und Bestimmung von Bedingungen für sinnvolle Praktika diskutiert.
Die Arbeitsgruppe „Dialog Praxis-Theorie“ widmet sich der Ermöglichung von Austauschformaten zwischen jenen, die kulturelle Praxis ausüben, und jenen, die sie erforschen und lehren. Wie können theoretisch und empirisch gestützte Erkenntnisse aus der Kulturmanagementforschung besser für die Praxis nutzbar gemacht werden? Wo orten praktizierende KulturmanagerInnen blinde Flecken in der akademischen Auseinandersetzung und Ausbildung? Inwiefern kann das implizite Wissen von Kulturbetrieben mehr Sichtbarkeit in Lehre und Forschung erfahren? Ziel ist also das Erkennen von verbindenden Bedürfnissen und die Etablierung eines fruchtbaren Dialogs. Der Roundtable im Rahmen der 10. Jahrestagung des Fachverbandes Kulturmanagement ist hier ein erstes Angebot.
Wir diskutieren diese Themen und entwickeln Umsetzungsstrategien dafür. Im Folgenden wollen wir nun Überlegungen zu unserem inhaltlichen Selbstverständnis vorstellen, die Anlass zu weiteren Diskussionen auf der kommenden Jahrestagung sein könnten.
Teil 2: Inhaltliche Belange
Unter anderem Karen van den Berg und Volker Kirchberg habe sich zuvor in der Zeitschrift für Kulturmanagement schon Gedanken zur Rolle des Kulturmanagers in unserer Gesellschaft gemacht (van den Berg 2009, Kirchberg 2010). Dies und insbesondere unsere laufenden Diskussionen im Vorstand sind Grundlage des folgenden Abschnittes.
3. Ansätze einer Diskussion – Quo Vadis?
Unsere inhaltlichen Diskussionen im neuen Vorstand kreisten vor allem um Fragen der Verknüpfung von Theorie und Praxis im Verband. Wie lassen sich Wissenschaft und Anwendung des Kulturmanagement miteinander vereinbaren? Welche Funktionen hat das Kulturmanagement in der Gesellschaft – und auch ganz normativ, welche Funktionen könnte es haben? Teile dieser Diskussion wurden in einem Gespräch mit Volker Kirchberg und Verena Teissl mit dem Kulturmanagement Network im Juni 2016 dargelegt und dort veröffentlicht (Oswald et al. 2016). Nicht jede bzw. jeder wird mit den nun folgenden Überlegungen in Gänze oder im Detail übereinstimmen. Wir möchten hiermit alleine eine Position darlegen, die zur Diskussion anregt.
a. Die Wissensproduktion im Kulturmanagement
Es eine Hauptaufgabe des Verbandes, die Konventionen und Regeln, die Strukturen und Prozesse des Kulturmanagements in unseren drei Ländern und darüber hinaus kritisch wahrzunehmen, zu beschreiben, zu reflektieren und zu bewerten. Die Wissensproduktion im Kulturmanagement wird hier als „Fabrikation von Erkenntnis“ (Knorr-Cetina 2002) reflektiert und damit als ein normativer und normierender Konstruktionsprozesses verstanden, der stark durch existierende Arbeitsbedingungen und kulturellen Rahmungen geprägt ist. Hier bedarf es einer verstärkten wissenschaftlichen Distanz und kritischen Reflexion. Der Fachverband wird sich „…Zeit nehmen, die Frage nach Emanzipation und Authentizität neu zu stellen.“ (Boltanski/ Chiapello 2006: 507). Neuen Formen der Unterdrückung und der Ökonomisierung sollen vermehrt zum Gegenstand der wissenschaftlichen Reflexion werden.
b. Inter- und Transdisziplinarität der Kulturmanagement-Forschung
Der Fachverband zeichnet sich dadurch aus, nicht bei der reinen Management-Lehre stehen zu bleiben. Der Verband will stattdessen weitaus mehr als bisher Studien fördern, die sich in der Nähe anderer wissenschaftlicher Disziplinen befinden, und sich der theoretischen und empirischen Ressourcenfelder der Organisations-, der Kultur- und der Stadtsoziologie, aber auch der Organisationspsychologie, der Demoskopie und der Politikwissenschaften, sowie der Philosophie und anderer geistes- und kunstwissenschaftlicher Disziplinen zunutze machen. Dabei ist die Interdisziplinarität und Transdisziplinarität (Nicolescu 2002, 2014) zentral für die Attraktivität dieser Forschungstätigkeit des Kulturmanagements. Die Kommunikation und Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den Wissenschaftlern aus Akademia und den Kulturmanagern und Künstlern aus der Praxis ist hier selbstverständlich.
Die Spannbreite zwischen anwendungsorientierter Empirie und theoretische Grundlagenforschung soll ausgeweitet werden. Sie umfasst u.a. die angewandte und kompetente Publikums- und Marketingforschung (mittels repräsentativen Demoskopie- und In-House-Befragungen, vgl. Glogner-Pilz/ Föhl 2016), die empirisch orientierten Organizational Studies und deren Anwendung auf Künste und Kultur (z.B. Taylor/Hansen 2005) und eine sich theoretisch positionierende Kulturbetriebslehre, die sich auf die pragmatistische Aufklärung eines John Deweys oder eines Theodore Schatzkis beruft (cf. Zembylas 2004) sowie eine machttheoretisch geprägte Forschung, die sich an Bourdieu (1999) und Foucault (2000) anlehnt. Diese umfassende akademische Orientierung macht den Verband und seine Mitglieder einzigartig und führt zu einem Alleinstellungsmerkmal nicht nur in der deutschsprachigen Welt. Man fragt uns an, diskutiert mit uns und nutzt unserer Expertise, wenn man über die klassische Managementlehre hinausgehen will. Diese wissenschaftliche Skepsis im Popperschen Sinne soll uns sowohl gegenüber dem alltäglichen Rezeptwissen wie gegenüber einer eklektischen Hermeneutik auszeichnen.
c. Systematische empirische Datenerfassung und -auswertung nach Genres
Die wissenschaftlich strukturierte und theoretisch fundierte systematische Erfassung und Deutung empirischer Informationen zu den Ursachen und Folgen, zu den Strukturen und Prozessen des Kulturmanagements ist zentral für die Arbeit des Verbandes. Dazu gehören die Analysen von Produktion, Distribution, Konsumption, Archivierung und Musealisierung der Künste und der Kultur. Im Einzelnen bedeutet dies die Erforschung von Organisationssystematiken als Machtstrukturen zum Beispiel im Sinne des Neoinstitutionalismus innerhalb der Organisationssoziologie (Powell/DiMaggio 1991) oder der Feldtheorie (Bourdieu 1999). Die Empirie der Künste und der Kultur darf aber auch nicht Halt machen vor der distinktiven Bedeutung der Kulturgenres. Hier besteht ein großes Potential für den Verband: Die Einzelverbände z.B. der Museen, der klassischen Musik, der Theater, des Tanzes usw., der bildenden Künste oder auch der Architektur und der weitere gemeinnützigen und kommerziellen Populärkultur führen selten eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Verknüpfungen zwischen Produktion, Distribution und Konsumption ihrer Einrichtungen durch. Dies ist ein enormes Manko, zumal derartige Analysen heute für die Legitimierung kulturpolitischer Entscheidungen eigentlich unumgänglich sind. Es geht also nicht nur um das Studium des Managements der Kultur und der Künste allgemein, sondern auch und insbesondere um das Studium des Museumsmanagements, der Theatermanagements, des Managements der klassischen Orchestermusik oder des Managements der Popfestivals, um nur einige herauszugreifen. Der Fachverband sollte hier viel mehr mit den einzelnen Genreverbänden und der (kultur-)politischen Organisationen zusammenarbeiten und hierbei seine fachwissenschaftliche Kompetenz herausstellen.
d. Strategische Allianzen für die wissenschaftliche Qualität
In diesem Sinne sollen auch strategische Allianzen mit der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft, mit den Forschungsinstitutionen der Kulturpolitischen Gesellschaft und mit internationalen Organisationen der interdisziplinären Kulturforschung (European Sociological Association, International Sociological Association etc.) aufgebaut werden. Denn die Substanz und das symbolische Kapital unseres Verbandes ist die Verbindung von umfassender wissenschaftlicher Kompetenz mit einer anwendungsorientierten Ausrichtung. Dies anderen wissenschaftlichen Verbänden zu kommunizieren (z.B. der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft) scheint uns für die Stärkung unserer Position unumgänglich. Damit schaffen wir Verbindungen, von denen die wissenschaftlich tätigen Mitglieder der befreundeten Verbände profitieren können. Wir schaffen Zugänge, die allein akademisch agierenden Verbände gar nicht haben können und generieren zugleich ein Renommee und symbolische Anerkennung, wie sie ein rein praxisorientierter Kulturmanagementverband nicht erhalten kann. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn es darum geht den Fachverband und seine Mitglieder so zu positionieren, dass er bzw. sie antragsfähig werden für Fördergelder und Forschungszuschüsse der DFG, des FWF, des SNF und der EU, sowie weiter von deutschen, österreichischen und schweizerischen Stiftungen und Regierungsorganen. Dieser Schritt zur wissenschaftlichen Professionalität liegt uns als mittel- bis langfristiges Ziel des Fachverbandes sehr am Herzen.
e. Aktiver Gestalter vor reaktiver Ermöglicher
Letztlich möchten wir noch eine Einschätzung der Rolle der Kulturmanagerin und des Kulturmanagers formulieren. Bei der weiteren Erforschung und Etablierung dieses Berufsbildes steht der aktive Gestalter vor dem passiven Ermöglicher. Obwohl beide weiterhin koexistieren, denken wir, dass ein Wandel des Berufsbildes stattfindet und eine Veränderung von einem passiven Umsetzer zu einem aktiven Kultur- und Kunstgestalter, mit allen damit einhergehenden Konflikten, unumgänglich ist. Hierauf müssen auch Forschung und Lehre des Kulturmanagements reagieren. Harald Szeemann als Kurator in den bildenden Künsten (Behnke 2010), Shermin Langhoff und Frank Castorf als Impresarios in der Theaterwelt (Cornish 2015), Chris Dearcon als Wanderer zwischen Museum und Theater (Deuflhardt 2016) oder Bertold Seliger im Popfestivalbereich (Seliger 2013) sind einige Prototypen der oder des sich wandelnden Kulturmanagers/in. Aber auch an weniger prominenter Stelle gibt es mehr und mehr die Kulturmanagerin und den Kulturmanager als aktive Gestalterin von Kunst und Kultur. Künstler, Kulturpolitiker und Kulturfinanziers haben bisher wie selbstverständlich die Rolle der aktiven Gestalterin übernommen – und dies sollte auch für die Kulturmanagerin und den Kulturmanager gelten. Dazu noch eine kritische Anmerkung: Obwohl ein Großteil der AbsolventInnen von Kulturmanagement-Studien weiblichen Geschlechts sind gibt es offenbar auch im Kulturmanagement deutliche Exklusionsmechanismen; nicht ohne Grund werden oben fast nur Männer benannt – das betrifft nicht nur Gender, sondern alle Arten gesellschaftlicher Vielfalt. Auch dies sollte mehr diskutiert werden.
Teil 3: Erste Überlegungen zu Umsetzungen
Die vorangegangenen inhaltlichen Überlegungen sollen zur Diskussion anregen und auch die Gegenrede innerhalb des Verbandes anstiften. Um hierzu einen systematischen Diskurs zu beginnen und Sie dazu einzuladen, werden auf der Jahreskonferenz des Fachverbandes im Januar 2017 Strukturen einer Umfrage zu dem Selbstbild des Kulturmanagers vorstellen. Wer sind wir, welche Ziele, Werte und Strategien vertreten wir? Mit wem kooperieren wir oder sollten wir kooperieren, wer könnte unser Bündnispartner in der Durchsetzung unserer Ziele sein? Welche Funktionen könnten unsere Mittel der Kommunikation, wie Zeitschrift für Kulturmanagement, Webseite, Blog und Jahrestagung dabei haben? Diese und andere Fragen werden wir mit einer Online-Umfrage im Anschluss an die Jahrestagung versuchen zu beantworten.
Aber auch ohne auf diese Umfrage zu warten soll mit diesem Brief eine Diskussion begonnen und ein offenes Forum im Verband geschaffen werden, dass über die Webseite, die Zeitschrift und die Jahrestagung Gehör erhält. Durch Martin Lücke, Verena Teissl und Martin Zierold und in Kooperation mit Kulturmanagement.Net wird deshalb für die Jahrestagung ein Roundtable geplant unter dem Titel „Jenseits der Rhetorik von Theorie und Praxis: Wie erschließen sich Wandel und Transformation in der kulturellen Praxis, in der Kulturmanagementlehre und in der Kulturmanagementforschung?“ Dieser Roundtable soll mittels eines moderierten Austauschformats die Kommunikation unter den Mitgliedern des Fachverbandes stärken und zugleich etablierte Grenzziehungen zwischen „Wissenschaft“ und „Praxis“ anhand des Tagungsthemas in Weimar 2017 hinterfragen.
Wir freuen uns sehr auf einen kreativen, lebendigen und kollegialen Austausch in einem wachsenden Fachverband.
Danksagung
Volker Kirchberg bedankt sich bei allen Vorstandsmitgliedern herzlich für die umfassende Diskussion zu diesem Papier. Sie hat es in vielerlei Hinsicht verbessert.
Literatur
- Behnke, Christoph (2010). The Curator as Arts Administrator? Comments on Harald Szeemann and the Exhibition “When Attitudes Become Form”. The Journal of Arts Management, Law, and Society, 40(1), 27-42.
- Boltanski, Luc und Ève Chiapello (2006) Der neue Geist des Kapitalismus. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz
- Bourdieu, Pierre (1999). Die Regeln der Kunst: Genese und Struktur des literarischen Feldes, Suhrkamp. Frankfurt am Main
- Cornish, Matt (2015). Between the Wall and the Future: Report from Berlin. PAJ: A Journal of Performance and Art, 37(2), 64-75.
- Deuflhardt, Amelie (2016). Die Brückenbauer. Sind die weltgewandten Kulturbegriffe von Kuratoren wie Chris Dercon eine Bedrohung fürs Theater? Süddeutsche Zeitung, 06.09.2016, http://www.sueddeutsche.de/kultur/theaterdebatte-die-brueckenbauer-1.3150452 [Zugriff 18.10.2016]
- Foucault, Michel (2000). Gouvernementalität der Gegenwart: Studien zur Ökonomisierung des Sozialen. Suhrkamp. Frankfurt am Main
- Glogner-Pilz, Patrick und Föhl, Patrick S. (Hrsg.) (2016): Handbuch Kulturpublikum. Forschungsfragen und –befunde. Springer VS. Berlin, Heidelberg, Wiesbaden
- Kirchberg, Volker (2010). Wertesysteme von Kulturmanagern, eine explorative Typologie. Jahrbuch für Kulturmanagement, Theorien für den Kultursektor, 97-115
- Knorr-Cetina, Karin (2002): Die Fabrikation von Erkenntnis. Frankfurt am Main: Suhrkamp
- Nicolescu, Basarab (2002). Manifesto of transdisciplinarity. Suny Press.
- Nicolescu, Basarab (2014). Methodology of transdisciplinarity. World Futures, 70(3-4), 18
- Oswald, Kristin, Volker Kirchberg und Verena Teissl: Kontinuität und Pluralismus. Interview mit dem neuen Vorstand des Fachverbands Kulturmanagement. In KM Magazin Juni 2016. http://www.kulturmanagement.net/beitraege/prm/39/v__d/ni__3078/index.html [Zugriff 18.10.2016]
- Powell, Walter W. und DiMaggio, Paul J. (Eds.). (1991). The new institutionalism in organizational analysis. University of Chicago Press. Chicago
- Seliger, Berthold (2013). Das Geschäft mit der Musik: ein Insiderbericht. Edition Tiamat.
- Taylor, Steven S. und Hansen, Hans (2005). Finding form: Looking at the field of organizational aesthetics. Journal of Management Studies, 42(6), 1211-1231
- van den Berg, Karen (2009). Postaffirmatives Kulturmanagement. Überlegungen zur Neukartierung kulturmanagerialer Begriffspolitik, Jahrbuch für Kulturmanagement, 97-125
- Zembylas, Tasos (2004). Kulturbetriebslehre: Begründung einer neuen Inter-Disziplin. Springer VS. Berlin, Heidelberg, Wiesbaden